Das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) von 1907 enthielt Bestimmungen, die der
Vormundschaftsbehörde oder dem Vormund ermöglichten, zum «Schutz und Wohl» von Kindern und
Bevormundeten Fürsorge- und Schutzmassnahmen bis hin zur Versorgung in einer Anstalt zu ergreifen.
Die Vormundschaftsbehörde war berechtigt, vorläufige Fürsorge für Kinder anzuordnen. In Fällen, in
denen das Verhalten der Eltern als pflichtwidrig angesehen wurde, war die Behörde sogar verpflichtet,
geeignete Vorkehrungen zum Schutz des Kindes zu treffen. Dies konnte dann der Fall sein, wenn die
elterliche Verantwortung und Fürsorge nicht ausreichend gewährleistet waren.
Für Fälle, in denen das Kindeswohl gefährdet oder Verwahrlosung festgestellt wurde, sah das ZGB
weitergehende Massnahmen vor. In solchen Situationen konnte die Vormundschaftsbehörde das Kind von den
Eltern trennen und in eine geeignete Familie oder Einrichtung unterbringen. Dies geschah vor allem
dann, wenn die Eltern nicht in der Lage waren, die elterliche Gewalt auszuüben, oder wenn sie sich
eines schweren Missbrauchs oder einer Vernachlässigung ihrer Pflichten schuldig gemacht hatten. Wurde
den Eltern die elterliche Gewalt entzogen, erhielt das Kind einen Vormund, der die Verantwortung für
seine Fürsorge übernahm.
Auch im Falle einer Vormundschaft für unmündige Personen sowie für Bevormundete im Mündigkeitsalter
bestimmte das ZGB, dass der Vormund für angemessenen Unterhalt und Erziehung, nötigenfalls auch die
Anstaltsversorgung zu sorgen hatte. Hierbei standen ihm dieselben Rechte wie den Eltern zu, jedoch
unter der Aufsicht der Vormundschaftsbehörde.
Das Bundesgesetz forderte zudem für bestimmten Massnahmen ausdrücklich die Zustimmung der
Vormundschaftsbehörde, insbesondere für die Unterbringung des oder der Bevormundeten in eine
Erziehungs-, Versorgungs- oder Heilanstalt.
Beschwerdemöglichkeit
Das ZGB sah auch Beschwerdemöglichkeiten gegen die Handlungen des Vormundes vor. So konnten
Beschwerden gegen dessen Entscheidungen bei der Vormundschaftsbehörde selbst erhoben werden, während
gegen die Entscheidungen der Vormundschaftsbehörde bei der Aufsichtsbehörde Einspruch eingelegt werden
konnte.
Die Bestimmung der Behörden oblag den Kantonen. Im Kanton Zürich wurde dies im Einführungsgesetz zum
Schweizerischen Zivilgesetzbuch von 1911 geregelt.